Geschichte des Bergwerks Herznach

Nach dem Ersten Weltkriegs verstärkte die Schweiz die Suche nach einheimischen Rohstoffen, um die Abhängigkeit vom Ausland zu mindern. Im Rahmen von geologischen Untersuchungen wurde 1919 bei Herznach, in einem Steinbruch am Ostabhang des Hübstels Eisenoolith (wieder) entdeckt. Die geschlagenen Proben ergaben einen überraschend hohen Eisengehalt von 20 bis 32%. Noch im selben Jahr erteilte der Kanton Aargau der «Studiengesellschaft für die Nutzbarmachung schweizerischer Erzlagerstätten» eine Konzession für den Erzabbau bei Herznach. Mitglieder der 1918 gegründeten «Studiengesellschaft» waren u. a. das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, die Gebrüder Sulzer AG in Winterthur, die Ludwig von Roll'schen Eisenwerke in Gerlafingen sowie die AG der von Moss'schen Eisenwerke in Luzern.

 

Die umfangreichen Untersuchungen des Geologen Alfred Amsler (1870–1940) im Gebiet zwischen Herznach und Wölflinswil ergaben einen abbauwürdigen Erzvorrat von gegen 30 Millionen Tonnen mit einem Eisengehalt zwischen 28 und 33 Prozent. 1920 wurde an der Stelle des späteren 370 m langen Hauptstollens des Bergwerks ein Versuchsstollen angelegt. 1937 konnte das Bergwerk Herznach seinen Betrieb aufnehmen. In jenem Jahr betrug die Fördermenge 33 329 Tonnen Erz, das in Ermangelung eines Hochofens in der Schweiz im deutschen Ruhrgebiet verhüttet wurde.

Für die Sprengung werden bis 2m tiefe Bohrlöcher vorbereitet.


Blütezeit während des Weltkriegs

 

1941 kam es zur Gründung der Jura-Bergwerke AG, die fortan das Bergwerk betrieb. Hauptaktionärin war die Ludwig von Roll'schen Eisenwerke AG. Im selben Jahr förderten 139 Beschäftigte im Dreischichtbetrieb 211 783 Tonnen Erz – die grösste Abbaumenge in der Geschichte der Mine. Anfänglich wurde das Erz untertage von Hand in die Loren (Wagen) verladen und übertag auf Lastwagen zum Bahnverlad nach Frick geführt. Mitte 1942 konnte ein Betonsilo mit einem Fassungsvermögen von 1000 Tonnen in Betrieb genommen werden, von dem aus eine 4,2 km lange Seilbahn das Erz nach Frick transportierte (bis 700 Tonnen pro Tag); von dort gelangte es mit der Bahn nach Basel und mit Schiffen ins Ruhrgebiet. Eine geringe Menge Erz kam nach Choindez, wo ab 1943 (bis 1983) die von Roll-Werke einen Hochofen betrieben in welchem auch Herznacher Erz verhüttet wurde.

 

Für das nach Deutschland gelieferte Herznacher und Sarganser Erz erhielt die Schweiz Rohstahl und andere dringend benötigte Güter wie Steinkohle. Folglich spielte der Erzexport für die schweizerische Kriegswirtschaft und damit für die Landesverteidigung eine wichtige Rolle. Die während des Krieges geförderte Menge an Eisenerz und Kohle deckten knapp 30 Prozent des Innlandbedarfs an Eisen.

 

Harte Handarbeit im Stollen: Beladen der Loren mit Eisenerz.


Nachkriegsförderung und Schliessung

 

Am Ende des Zweiten Weltkriegs kam der Abbau praktisch zum Erliegen, 1946 kümmerten sich die fünf verbliebenen Arbeiter hauptsächlich um den Unterhalt der Grubenanlagen. Im folgenden Jahr konnte das Bergwerk den neuen Hochofen von Choindez beliefern, später auch denjenigen in Gerlafingen. Bald setzte der Export nach Deutschland wieder ein. 1955 erreichten die 36 Arbeiter mit 56 664 Tonnen, die höchste Erzfördermenge der Nachkriegszeit; davon wurden 26 200 Tonnen im Hochofen der Von Roll in Choindez verhüttet.

 

Die Umstellung des Ofens in Choindez (1966) auf Sphäroguss bedeutete leider das Ende des Bergwerks. Das in Herznach geförderte (bis 3%) phosphorhaltige Erz konnte für Sphäroguss nicht mehr verwendet werden. Dazu kam, dass die Transportkosten für den Export des Erzes mit seinem verhältnismässig niederen Eisen- und relativ hohen Schadstoffgehalt zu hoch waren, um das Überleben des Bergwerks zu garantieren. Auf dem Weltmarkt gab es schon damals besseres und billigeres Eisenerz. 1967 gab die Jura-Bergwerke AG die Grube auf. Bereits ein Jahr zuvor hatte das Bergwerk Gonzen bei Sargans seinen Betrieb eingestellt. Insgesamt lieferte das Bergwerk Herznach ca. 1,7 Millionen Tonnen Erz, rund die Hälfte davon während des Zweiten Weltkriegs.

 

Während der Betriebszeit von 30 Jahren sind rund 32 km Stollen erstellt worden.